Zentrieren

Das Zentrum unseres Seins.

Es gibt verschiedene Energiezentren in unserem Körper, die sich je nach Persönlichkeit, Lebensstil und gesellschaftlichen Einflüssen unterscheiden können.
Schon vor unserer Geburt waren wir alle über den Nabel mit der Mutter verbunden. Über die Nabelschnur erhielten wir die lebensspendende Energie, ohne selbst atmen zu müssen und somit waren wir in diesem Bereich zentriert. Nach der Geburt, auch wenn wir physisch von der Mutter getrennt werden, behalten wir diese ursprüngliche Nabel-Zentrierung zunächst bei.
Im Laufe unseres Lebens ändert sich dies jedoch tiefgreifend. Unser Zentrum kann sich je nach unseren Lebensumständen verlagern – zum Beispiel in den Kopf oder das Herz. Die Art, wie wir in unserer frühen Kindheit gefördert werden, ist dabei entscheidend. Legt unser Umfeld Wert auf ein friedliches Miteinander, auf Mitgefühl und Liebe, werden wir eher herzzentriert. Fokussiert es sich hingegen stark auf Logik und Intellekt, entwickeln wir uns oft zu kopfzentrierten Menschen.
Wenn wir jedoch das Gefühl des Einsseins mit dem Kosmos anstreben, ist es wichtig, wieder zu unserem ursprünglichen Zentrum, dem Nabel, zurückzukehren.

Es gibt ein paar Methoden, die dazu führen. Sie beruhen auf dem Vijñāna-bhairava-Tantra.

Die Lehren des Vijñāna-bhairava-Tantra konzentrieren sich nicht auf die Systematisierung des Atems oder das Kontrollieren der Gedanken, sondern auf dessen bewusste Beobachtung und Nutzung als Brücke zur inneren Wirklichkeit.

I. Atemübungen

Atem – der Nabel des Lebens.

Hierbei liegt der Fokus auf der Aufnahme von Lebensenergie aus der Luft. Mit dieser Energie sind nicht die chemischen Elementen gemeint, die in der Luft enthalten sind, sondern die Energie, die in ihr steckt. Die Inder nennen sie prāṇa. Der österreichische Arzt und Psychoanalytiker Wilhelm Reich nannte sie Orgon.
Diese Energie verbindet uns mit dem gesamten Kosmos. 

Hier sind ein paar Methoden:

Werde zum Beobachter deines Atems: Eine der grundlegendsten Techniken ist die stille Beobachtung des gewöhnlichen Atems, wie er in den Körper ein- und ausströmt, ohne ihn zu prägen.

Erkenne den Wendepunkt: Lenke deine Achtsamkeit auf den Moment, in dem das Einatmen endet und das Ausatmen beginnt. Dieser Moment der Leere ist das Tor zum transzendenten Bewusstsein.

Visualisiere deinen Atem: Stell dir deinen Atem als Energie vor, die durch einen zentralen Kanal (z.B. die Mitte der Stirn oder des Rückgrats) in deinen Körper hinein fließt. Dies fördert eine tiefe meditative Erfahrung.

II. Versenkungsübungen

Versenkung – die Stille des Geistes.

Bei der Versenkung geht es darum, sich auf einen einzigen Gedanken, ein Ereignis oder einen Gegenstand zu fokussieren ohne jegliche Assoziationen zuzulassen. 

Hier sind ein paar Methoden:

Rufe eine vergangene Erinnerung wach und lenke deine Aufmerksamkeit darauf. Betrachte dieses Ereignis als unbeteiligter Zuschauer. Stelle dir vor, es wäre jemand anderem widerfahren, und lasse es frei von jeglicher Wertung. Allmählich verliert deine Form ihre gegenwärtigen Eigenschaften und wird verwandelt. 

Erfühle einen Gegenstand vor dir. Fühle seine Existenz inmitten der Abwesenheit aller anderen. Dann lasse sowohl das Gegenstandsgefühl als auch das Abwesenheitsgefühl los und erkenne.

Lasse eine aufkommende Stimmung – sei es Sympathie oder Abneigung- nicht auf die betreffende Person projizieren. Nutze stattdessen ihre Energie und folge ihr bis zu ihrer Quelle in dir zurück.
Dir muss bewusst sein, dass die Quelle deiner Emotionen in dir selbst liegt und nicht in anderen. Ein Beispiel: Würde die Quelle von deiner Liebe in dem Geliebten liegen, dann müsste jeder deine Geliebte lieben. In Wirklichkeit jedoch empfindest du Liebe, die du dann auf jemanden projizierst.
Die Aufforderung, die Energie der Stimmung nach innen zu wenden, bedeutet nicht, Emotionen zu unterdrücken. Es geht vielmehr darum, die Energie dieser Emotionen zu nutzen, um zu ihrer ursprünglichen, reinen Form vorzudringen.